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Essay-Brief Juni 2016

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Der Radikale Yoga -  Teil VII.

Das 10.te Gebot – Verwirkliche deine Gottheit! – 1. Teil

© Bernd Helge Fritsch

 

 

Das Sanskrit-Wort „Yoga“ bedeutet ursprünglich „Joch“, womit die „Verbindung“ mit der allumfassenden Gottheit „Brahman“ gemeint war. Nach dieser Verbindung sehnt sich bewusst oder unbewusst jede Seele. Sie ahnt nämlich, dass sie im Höchsten, in der allumfassenden Schönheit, Liebe und Weisheit die Erfüllung ihres Daseins finden wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, macht es Sinn sich zu fragen: Wer bin ich? Wer strebt danach „Yoga“ zu verwirklichen?

Die meisten Menschen denken nicht darüber nach, wer sie sind. Auf die Frage: Wer bist du? antworten sie üblicher Weise mit den Worten: „Mein Name ist…“; „Mein Alter ist…; „Mein Beruf ist…“; „Ich bin verheiratet mit…“; „Ich besitze…“ usw. Sie zählen anerworbene, vergängliche Eigenschaften auf, die über ihr wahres Wesen kaum etwas aussagen.

Es ist fürwahr eigenartig wie wenig der Mensch über sich selbst Bescheid weiß.

 

Was sagen die heiligen Schriften der Juden und Christen zur Frage wer wir sind, welche Eigenschaften unser „Ich“ hat? Wir lesen dazu im Alten Testament (Genesis - 1. Mose 1:27):

„Gott schuf den Menschen zu seinem Ebenbilde“

 

Dieselbe Erkenntnis brachten die alten indischen Weisheitslehrer zum Ausdruck indem sie erklärten, dass der „Atman“, unser Seelengrund, identisch sei mit „Brahman“, der allumfassenden Gottheit. Sie sagten:

Atman ist Brahman – Tat Tvam Asi! (Das bist du!)

 

Was bedeutet dieses Gott-Sein? Leben wir es? Kann es sein, dass wir Menschen zum Gott-Sein berufen sind, doch nicht bereit sind dieses „Sein“ zu verwirklichen? Ist uns dieses Gott-Sein bewusst?

Fragen wir uns zuerst: Was verstehen wir unter dem Begriff „Bewusstsein“?

Unser Bewusstsein

Bewusst sind uns die Dinge und Ereignisse, die wir mit Hilfe unserer Sinne wahrnehmen. In der Regel ist bei jeder Sinnes-Wahrnehmung unser Denken mit eingebunden. Automatisch werden alle unsere Wahrnehmungen von unserem Verstand zu Bildern zusammen gesetzt, analysiert, interpretiert und bewertet. All diese Vorgänge ereignen sich in unserem Bewusstsein.

Sind wir ohne Bewusstsein, so können wir nichts wahrnehmen. Dies ist der Fall wenn wir uns im Tiefschlaf oder aus einem sonstigen Grund in einem Zustand von „Bewusstlosigkeit“ befinden. Wenn wir im Schlaf träumen, so befinden wir uns in einem Sonder-Bewusstseins-Zustand. Wir nehmen Traum-Ereignisse wahr und halten sie für real. Erst mit unserem Erwachen stellen sie sich als unwirklich heraus.

Unser Bewusstsein ist die „Bühne“, auf der unsere Sinneswahrnehmungen, Gedanken und Gefühle „sichtbar“ werden. Dieses Bewusstsein kann mit dem Weltenraum verglichen werden. So wie der Welten-Raum die „Bühne“ für die Existenz aller Himmelskörper, inklusive unserer Erde, bildet, so dient unser Bewusstsein als „Bühne“ bzw. „Raum“ für all unsere Wahrnehmungen. So unendlich weit und unsichtbar der Welten-Raum ist, so unbegrenzt und unsichtbar ist auch unser Bewusstsein. Nur die Inhalte, die im Welten-Raum oder in unserem Bewusstseins-Raum auftauchen, sind für uns sichtbar, nicht jedoch der Raum, unser Bewusstsein selbst.

Unser „Ich-Bin“

Normalerweise besteht ein enger Zusammenhang zwischen unserem „Ich-Gefühl“ und unserem Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Wollen. Woraus der Philosoph René Descartes seine berühmte Schlussfolgerung zog: „Ich denke, also bin ich!“

Wie wir jedoch feststellen können, ist unser „Ich-Bin-Gefühl“ auch im Zustand der Meditation, wenn wir nichts wahrnehmen oder denken, vorhanden.

Wir sind nicht die Inhalte unseres Bewusstseins, die Sinneswahrnehmungen und die mit ihnen verbundenen Gedanken, Gefühle und Willensimpulse. Diese sind „Objekte“ unserer Wahrnehmung. Ebenso sind wir nicht unser Körper der ebenfalls nur ein Teil der Welt ist, die wir beobachten können.

Wenn wir wahrnehmen und denken, sind wir das „Subjekt“, der Beobachter des Geschehens. Unser „Ich bin“, unser innerstes Sein ist identisch mit unserem Bewusstsein, mit dem unsichtbaren Raum in dem für uns die Welt erscheint.

Wir können unser Bewusstsein, unser „Ich bin“, nicht als „Objekt“ betrachten, sondern wir können es nur „sein“. Nur wenn wir innerlich völlig entspannt, still und wunschlos zufrieden sind, können wir unser „Ich bin“ „erfahren“. Diese Erfahrung ist etwas ganz Besonders. Sie ist mit keiner sonstigen Erfahrung vergleichbar. Denn unser Wesenskern ist unsichtbar, unbegrenzt und eins mit allem Sein. Er ist unbeschreibbar. Worte wie allumfassende Liebe, Weisheit und Glückseligkeit, können die unfassbare Weite, Tiefe, Schönheit und Göttlichkeit unseres „Ich bin“, unseres wahren Seins, nur andeuten.

Unsere Seele

Man sagt jeder Mensch hat eine Seele. Doch wie sieht diese aus? Was ist die Seele des Menschen? Die Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments (1. Mose 2:7) erklärt uns zur Entstehung unserer Seele:

„ … und es bildete Gott, der Herr den Menschen aus einem Erdenkloß

und blies ihm ein den lebendigen Odem.

Und so ward der Mensch eine lebendige Seele“.

 

Demnach verbindet die Gottheit (das universelle Bewusstsein, Brahman) ihren Atem (die Seelen-Kraft) mit einem Erdenkloß (einem Körper) und erschafft so den  Menschen.

Aus dem Atem der Gottheit entsteht die Seele welche, während ihres Erdenlebens, mit einem Körper verbunden ist. Unser Körper dient dabei als „Fahrzeug“ mit dem wir uns durch unser Leben bewegen. Die enge Verbundenheit zwischen Seele und Körper bewirkt, dass die Seele ihre Herkunft vergisst. Sie befindet sich dadurch in einem Art „Schlafzustand“. Erst mit ihrem „Erwachen“, wird sie ihr Gott-Sein verwirklichen.

Vermeide bei den vorangehenden Gedanken an einen von dir getrennten „Gott“ zu denken! „Du“ bist die individuelle und zugleich die universelle „Gottheit“! – „Tat Tvam Asi! Sollten dich diese Worte verwirren, so lass einfach los, denk an nichts und du wirst die Wahrheit erkennen! Weitere Erklärungen folgen mit dem nächsten Essay-Brief!

Die Seele verlässt diesen Körper wieder,

 

Wie die alt-indischen Weisen und auch die großen alten griechischen Philosophen sowie viele Ur-Christen überzeugt waren, kommt die Seele nach ihrem Ableben immer wieder in neuer Körpergestalt auf die Erde um hier ihre spezielle Mission fortzusetzen.

Ist unsere Seele identisch mit unserem Wesenskern, mit unserem „Ich bin“?

Nein! Doch es besteht eine enge Verbindung zwischen unserem Bewusstsein und unserer Seele.

Unser Wesenskern (unser „Ich bin“) bedient sich der Seele als „verlängerten Arm“, als „Werkzeug“, um sich in der mentalen und in der materiellen Welt zu manifestieren. Die Seele ihrerseits bedient sich wiederum unseres Körpers um in der äußeren Welt zu wirken.

Unsere Seele ist jedoch kein neutrales, willenloses Werkzeug unseres göttlichen Wesenskerns, sondern sie führt ein „Eigenleben“. Weil sie sich ihrer Göttlichkeit nicht bewusst ist, denkt, fühlt und handelt sie nur gelegentlich im „Einklang“ mit ihrem Innersten. Die unerwachte Seele zieht es in der Regel vor „gesonderte“ Wege zu gehen. Sie fühlt sich dabei nicht wohl und ist vielen Irrungen und Leiden ausgesetzt. Doch auch diese Geschehen macht Sinn, denn auf diese Weise entwickelt sich die Einmaligkeit (Individualität) eines jeden Menschen.

Unser Seelen-Leben äußert sich in unseren Gedanken, Gefühlen und in unserem Wollen. Durch unsere Gedanken-Kraft unterscheiden wir uns von den anderen Lebewesen wie den Pflanzen und Tieren. Durch die Fähigkeit der Seele zu denken wurde dem Menschen Schöpferkraft verliehen. Denn Gedanken sind die Kräfte, die das Universum gestalten.

Wie wir bei entsprechender Aufmerksamkeit beobachten können, bestimmen wir mit unseren Gedanken unsere Gefühle, unser Glücklich- und Unglücklich-Sein.

Entsprechend dem Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma-Gesetz) bestimmen unsere Gedanken und die daran geknüpften Handlungen unser Schicksal. Wir formen mit unserem Denken unser Lebensumfeld und die Ereignisse, die auf unserer „Bewusstseins-Bühne“ sichtbar werden.

In diesem Sinn wählt sich die Seele mit ihrer Gedanken-Kraft für jede neue Inkarnation ihre Eltern, ihren Körper, die Kultur und Lebensbedingungen, die ihrem Karma (Schicksal) und ihrer individuellen spirituellen Entwicklungs-Stufe entsprechen.

Die Seele: unsere Lebens-, Wahrnehmungs- und Schöpfer-Kraft

 

Man kann den Atman als unseren individuellen Gott innerhalb der allumfassenden Gottheit (Brahman) bezeichnen. Ebenso ist unsere individuelle Seele eingebunden in die Weltenseele. So paradox es für unseren Verstand klingen mag: der Atman bildet unseren individuellen Seelengrund und ist zugleich „Eins“ mit der universellen Gottheit (Brahman). Ebenso existiert jede Einzelseele für sich und ist doch untrennbar mit der Weltenseele verbunden.

So wie die, aus dem universellen Bewusstsein (Gott, Brahman) hervorgegangene, Welten-Seele mit ihrem Geist (Denken) das sichtbare Universum geschaffen hat und immer weiter gestaltet, so schafft jede individuelle Menschen-Seele durch ihr Denken und Handeln ihre individuelle Welt, ihr Lebensumfeld, ihr Schicksal. Dennoch ist unser individuelles Schicksal zugleich „Eins“ mit dem Weltenschicksal.

Der scheinbare Widerspruch von Getrennt-Sein (Individualität) und zugleich „Eins-Sein“ löst sich auf, wenn wir erkennen, dass auf der höchsten Stufe des Bewusstseins alles „Eins“ ist. Denn es gibt nur „eine Welt“ – alles ist Bewusstsein, alles ist Gott.

Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust

„Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust;“, spricht Goethes Faust und fährt fort: „Die eine will sich von der anderen trennen; Die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die andere hebt gewaltsam sich vom Dust (Staub) zu den Gefilden hoher Ahnen.“

Mit diesen genialen Worten bringt Goethe das Wesen der normalen, unerwachten Seele des Menschen zum Ausdruck. Sie hat zum einen ihren Bezug zu ihrem Ursprung, zur geistigen Welt, verloren und sucht deshalb mit triebhafter Leidenschaft ihr Glück in den vergänglichen Erscheinungen der Welt. Zum andern strebt sie – meist unbewusst – mit großer Sehnsucht nach der Rückkehr ins „Vaterhaus“, in die Einheit mit allem Sein, mit Gott.

Die Seele lebt daher in der Regel im Konflikt zwischen ihren, auf die äußere Welt bezogenen Ego-Wünschen und Sorgen einerseits und ihrem tiefen Bedürfnis nach Weisheit, nach wahrer Liebe, nach der Verwirklichung ihres göttlichen Seelengrundes andererseits.

Unser Ego-Bewusstsein

Du lebst und bist das, womit du dich identifizierst!

 

Kraft unserer Gedanken werden wir zu der Wesenheit, mit der wir uns identifizieren.

Wir können uns mit unserem vergänglichen Körper identifizieren und leiden in der Folge, wenn unausweichlich Krankheit, Alter und Tod auf uns zukommen. Ähnlich geht es uns, wenn wir unser Selbstwertgefühl auf vergängliche Erfolgen, Beziehungen oder Besitztümer stützen.

Wenn du denkst, du bist ein beschränktes, allein in der Welt stehendes, vergängliches Wesen, wenn du denkst, du bist in deinem Wohlbefinden abhängig von äußeren Umständen und Zufällen, so „bist“ du dieses kleine, verlorene Würmchen solange bis du diese Einstellung veränderst. Wie du über dich und die Welt denkst, so wirst du dich infolge der Schöpferkraft deiner Gedanken fühlen und so wird für dich die Welt beschaffen sein.

Das Ego-Bewusstsein entsteht aus der „Identifikation“ der Seele mit ihrem Körper und den Dingen der äußeren Welt. Auf diese Weise sind wir mit unserem Denken, Fühlen und Wollen an die vergängliche Welt gebunden. Daraus resultieren die Ängste, Sorgen und Probleme unseres „kleinen Ichs“.

 

In der Regel bringt jeder Mensch, schon wenn er sich inkarniert, ein ausgeprägtes Ego-Bewusstsein mit. Wir können dies bei kleinen Kindern feststellen, welche frühzeitig sowohl unbedingt ihren Willen durchsetzen wollen, als auch unter verschiedensten Ängsten leiden.

Unser Ego ist die Ursache der Wiederverkörperung unserer Seele. Denn solange der Mensch sich mit seinem Körper identifiziert und an den Dingen der äußeren Welt hängt leidet die Seele, wenn sie ohne einen Körper existieren muss und in diesem Zustand ihre materiellen Wünsche nicht befriedigen kann. Deshalb strebt sie danach sich möglichst rasch wieder zu inkarnieren.

All unsere Schmerzen, Leiden und Probleme lösen sich auf, wenn wir unser Ego-Bewusstsein mit seinen auf die äußere Welt gerichteten Fixierungen auflösen. Das gelingt der Seele jedoch nur dann, wenn sie sich ihrem Wesenskern, dem Gott in ihrem Wesensgrund zuwendet und sich als Eins mit ihm erkennt.

Die sichtbare Welt ist nur ein vergängliches „Abbild“ der geistigen Welt. Ihre Freuden und Leiden sind ein Ausdruck unserer beschränkten, dualen Denkweise.

 

Die Schönheiten dieser Welt können wir nur dann unbekümmert genießen, wenn wir uns der geistigen Welt und unserer eigenen Unvergänglichkeit bewusst sind. Solange wir uns mit dem Vergänglichen identifizieren, können wir unser wahres Wesen nicht schauen. Nur wenn wir uns mit dem Höchsten, mit dem „Gott in uns“ verbinden, erreichen wir anhaltende Glückseligkeit und ewiges Leben.

Damit ist bereits angedeutet, was die Mission des Menschen während seines kurzen Erdenlebens ist. Auf diese „Mission“ und auf die Themen Verwirklichung des „Gottes in uns“ sowie „Ewiges Leben“ wird im nächsten Essay-Brief näher eingegangen.

 

Herzliche Grüße

Bernd